Erschienen in den Schorndorfer Nachrichten am 12.11.2024; verfasst von Yvonne Weirauch
„Schorndorfer Kinder-Kontaktstelle – was für eine lange Wortzusammenstellung. Da ist ‘Schokko’ für Kinder schon griffiger und eingängiger“, sagt Barbara Lischik-Nickel und lacht. Sie hat damals, genauer gesagt im Jahr 2005, die Anlaufstelle für Kinder, die Hilfe (beispielsweise auf dem Weg zur Schule) benötigen, mitinitiiert. Gestartet sei man damals mit rund 60 dieser Kontaktstellen.Ursprünglich aus der Idee entstanden, den Schulweg noch sicherer zu gestalten, hatten sich das Schorndorfer Familienzentrum, die Stadtverwaltung, Polizei, Landratsamt und die Schulen für „Schokko“ zusammengeschlossen und für dieses Vorhaben starkgemacht. Mittlerweile ist viel mehr daraus geworden.
„Abseits des Schulwegs ist es ebenso wichtig, dass sich Kinder unterwegs sicher fühlen“, sagt Simone Halle-Bosch (Leitung Familienzentrum und Koordinatorin Mehrgenerationenhaus). Allerdings – und das war von Anfang an zu bedenken – müssen es zugängliche öffentliche Geschäfte sein. Zu Beginn hatte man sich die Frage gestellt, welche Läden frühmorgens geöffnet haben, wenn die Kinder auf dem Weg zu Schule sind. „Da waren die Bäckerläden das Naheliegendste“, so Halle-Bosch.
Die „Schokko“-Anlaufstellen sind gekennzeichnet durch einen türkisfarbenen Aufkleber an den Eingangstüren. Sie weisen den Kindern den Weg zu Erwachsenen mit offenen Ohren für Probleme, die sich unterwegs in der Stadt oder auf dem Schulweg ergeben haben, beispielsweise bei einer verlorenen Fahrkarte, einem verlorenen Schlüssel, einem verpassten Bus, einer Verletzung durch einen Sturz oder anderen Schwierigkeiten.Voraussetzung für diejenigen, die einen „Schokko“-Punkt aufgeklebt bekommen: Sie müssen ein polizeiliches Führungszeugnis vorweisen. Simone Halle-Bosch und Barbara Lischik-Nickel wissen, dass das eine Hemmschwelle sein kann: „Auf irgendeine Weise müssen wir uns ja absichern, weil wir eine Verantwortung tragen.“
Die Bäckerei Wiedmaier als eines der Unternehmen ist schon lange Mitglied und als Anlaufstelle mit „Schokko“ gekennzeichnet. Jenny Wiedmaier greift das Thema Führungszeugnis auf: „In meinem Fall bin ich als Inhaberin beispielsweise nie in einer unserer Filialen vor Ort. Aber ich stehe dann in der Verantwortung, deshalb gilt es für uns, immer wieder unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Schokko aufmerksam zu machen.“
Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken – auch sie gehören größtenteils zur „Schokko“-Familie. Knapp 100 dieser Anlaufstellen für Kinder gebe es mittlerweile – nicht nur in der Kernstadt, sondern auch in den Teilorten Weiler, Haubersbronn, Oberberken, Miedelsbach und Schornbach. „Wir freuen uns, wenn noch mehr hinzukommen“, so Halle-Bosch. Dass es „Schokko“ gibt, daran werden die Schüler und Eltern auch immer wieder durch Aushänge in den Schulen erinnert, meist zu Schuljahresbeginn.Das bestätigen beispielsweise Carmen Nasse, Schulleiterin des Max-Planck-Gymnasiums, und Petra Schiek von der Reinhold-Maier-Schule in Weiler. „Es ist ein wichtiges Angebot. Die Infos hängen in allen Klassenzimmern“, sagt Carmen Nasse. Petra Schiek fügt an: „Wir weisen die Kinder immer am Anfang des Schuljahres auf das Zeichen hin und erklären die Bedeutung. Die Kinder in Weiler haben die Möglichkeit schon genutzt, wenn es zum Beispiel einen Sturz auf dem Schulweg gab oder Ähnliches.“
Nicole Klingmann von der Schlosswallschule ergänzt: „Es ist einfach eine gute Sache. Wir weisen jährlich bei den Klassen und den Elternabenden auf den Schokko-Punkt hin.“ Mit im Boot sitzen ebenso die Künkelinschule und die Fuchshofschule. In das Projekt involviert sind auch Stephan Scholz, Revierleiter des Polizeireviers Schorndorf, und Heidrun Heidenfelder vom Landratsamt Rems-Murr (Anlaufstelle gegen sexualisierte Gewalt). „Dadurch, dass so viele beteiligt sind, merkt man, wie wichtig dieser Zusammenschluss ist“, sagt Simone Halle-Bosch.
Die Elternbeiratsvorsitzende Mandy Schlechter sagt zum Thema „Sicherer Schulweg“: „Es spielen viele Faktoren eine Rolle, damit Kinder sicher zur Schule kommen. Eltern üben mit den Kindern den Schulweg, damit dieser nach den ersten paar Wochen sicher gelaufen werden kann. Es ist wichtig, dass Kinder in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden und Erfolgserlebnisse haben. Diese bekommen sie nur, wenn der Schulweg auch alleine gemeistert wird.“ Und dabei ist es laut Simone Halle-Bosch auch wichtig, dass die Kinder den „Schokko“-Punkt gezeigt bekommen, um im Zweifelsfall zu wissen: „Da kann ich reingehen.“
Wie viele Kinder die Anlaufstellen nutzen, und ob überhaupt, darüber gebe es keine Statistik. Halle-Bosch: „Wir haben mal versucht, das abzufragen. Aber das funktioniert nicht.“ Ob Kinder die Stellen kontaktieren, weil sie sich „nur“ auf dem Schulweg verletzt haben, oder gar verfolgt und sexuell belästigt werden, sei nicht bekannt. Ziel sei zuallererst, Kindern durch den Kleber das Signal eines Sicherheitsgefühls zu geben, dass im Zweifelsfall ein Erwachsener da ist, der helfen kann.
Aktuell werde im Familienzentrum der Plan mit den derzeitigen Stellen überarbeitet.